
Vinos Wein in der WEIN + MARKT Juni "Adiós Billigimage!" Den Zugehörigen Leitartikel der Zeitschrift Wein + Markt, Ausgabe Juni 2012 können Sie als Abonnent bei dem Verlag online ansehen, oder als registriertes Vinos Mitglied ab Juli
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Die Hoffnung mancher Einkäufer, dass die Preise auf dem Beschaffungsmarkt in Chile bröckeln, nachdem die Ernte in diesem Jahr größer ausgefallen ist als im Vorjahr, hat sich bislang nicht erfüllt. Der Grund: Die Erzeuger des Andenlandes profitieren einerseits von einer erhöhten Nachfrage aus Wachstumsmärkten, mit denen sie Einbußen in Ländern wie Deutschland locker kompensieren können. Andererseits müssen sie steigende Produktions-, Lohn- und Energiekosten ausgleichen, um rentabel arbeiten und überleben zu können.... Weniger verkauft, aber mehr Umsatz erzielt - eigentlich könnten die chilenischen Weinexporteure vor diesem Hintergrund rundum zufrieden sein, wenn da nicht einige Faktoren wären, die auf die Stimmung drücken.
"In Chile boomt die Wirtschaft seit Jahren. Negativ auf die Weinbranche wirkt sich dabei die harte Währung aus, die einen schlechten Wechselkurs bedingt und einheimische Produkte und Waren immer teurer werden lässt. Denn die Weingüter erzielen ihre Einnahmen in Dollar und Euro, sie bekommen dafür aber immer weniger chilenische Pesos. Dazu kommen ein erheblicher Fachkräftemangel, steigende Lohn-, Energie- und Spritkosten", erklärt Sebastian Guevara Kamm, Geschäftsführer des Südamerikaspezialisten Vinos aus Pohlheim, der hierzulande mehrere namhafte Weingüter des Andenlandes vertreibt.
"Wir leiden aufgrund der boomenden Wirtschaft in unserem Land unter Preiserhöhungen, erheblichen Lohnsteigerungen, hohen Energiekosten und den Wechselkursen", pflichtet Marco Puyo, Chefönologe der Gruppe Viña San Pedro Tarapaca (VSPT), bei. Das motiviert die chilenischen Weinproduzenten nicht gerade zu Preissenkungen. Auch nicht nach der aktuellen Weinernte, die dem Vernehmen nach mehr Menge gebracht hat als die im Vorjahr. Nach Auskunft führender Anbieter dürfte sich die 2012er Erntemenge 10 bis 15% über dem Level des Vorjahres bewegen. Die Preise für Fassware seien jedoch weitgehend stabil geblieben.
""Der höhere Ertrag geht einher mit einer weltweit anziehenden Nachfrage. Wir gehen davon aus, dass uns die Mehrmengen als Puffer dienen können", kommentiert Marco Puyo.
""Unsere Bestände, wie auch die anderer chilenischer Weingüter, normalisieren sich gerade. Es kommt zu einem gewissen Ausgleich mit den Verlusten aus dem Erdbebenjahr 2010 und den nicht ausreichenden Erträgen des Vorjahres", ergänzt Francisco Korta Bucarey, General Manager von Korta Wines.
Eins dürfte klar sein: Bei steigenden Preisen wird das Chile-Segment weiter schrumpfen - gerade in Deutschland, wo Fassware bzw. günstige Europa-Abfüllungen den Löwenanteil der chilenischen Markttorte repräsentieren, die 2011 laut Importstatistik 48,9 Mio. l umfasste. Zahlreiche Anbieter finden die Verlagerung weg vom Einstiegsbereich allerdings gar nicht schlimm. Im Gegenteil:
"Das ganz klare Ziel in Chile ist es, den Fokus nicht mehr auf das Volumen zu legen, sondern auf Qualität zu setzen", kommentiert Felipe Müller, General Manager von Viña Tabali.
"Chile verabschiedet sich von dem mancherorts (zu Unrecht) vorherrschenden Billigheimer-Image. Chile hat schon immer Spitzenweine produziert, darin liegt seine Kraft. Und in Zukunft wird das vermehrt so sein", meint Sebastian Guevara Kamm. Passend dazu notiert er bei seiner Kundschaft ein verstärktes Interesse an höherpreisigen Gewächsen, u. a. von Viña Tabalí und Viña Leyda.